Mittwoch, 18. Juli 2007

NT-Griechisch (II)


Zum Abschluss meines Altgriechisch-Kurses habe ich, wie geschildert, Mat. 3,1-3 „eigenhändig“ neu übersetzt. In diesem Zuge habe ich die bisherigen Fassungen der Elberfelder Bibel, immerhin schon 150 Jahre alt, nachvollzogen. Sie hat sich im Lauf ihrer Bearbeitungen deutlich verändert. In der ersten Auflage (1855) heißt es zunächst:
1 In jenen Tagen aber kommt Johannes der Täufer, predigend in der Wüste von Judäa, 2 und sagend: Thuet Buße! denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen! 3 Denn Dieser ist Der, von welchem Jesaias, der Prophet, geredet hat, sagend: „Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, machet richtig seine Steige!“
Es fällt auf: Die Partizipien (predigend, sagend) werden auch im Deutschen als solche abgebildet, was sich gerade in der Kombination „…geredet hat, sagend…“ negativ bemerkbar macht. Die Erzählzeit orientiert sich strikt am griechischen Original, was zu sprachlichen Härten führt.

Die zweite Auflage 1867 löst die Partizipien bereits vollständig auf:
1 In jenen Tagen aber kommt Johannes der Täufer und predigt in der Wüste von Judäa, 2 und sagt: Thuet Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen! 3 Denn Dieser ist Der, von welchem geredet hat Jesaias, der Prophet, indem er sagt: „Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, machet gerade Seine Steige!“
In Vers 3 heißt es nun, die „Steige“ des Herrn sollen „gerade“ (statt bisher „richtig“) gemacht werden.

In der dritten Auflage des NT 1871 werden die Partizipien (predigend, sagend) nur noch teilweise aufgelöst, in einem Fall geht diese Fassung sogar hinter die 2. Auflage zurück.
1 In jenen Tagen aber kommt Johannes der Täufer und predigt in der Wüste von Judäa, 2 und spricht: Thut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen! 3 Denn dieser ist der, von welchem geredet ist durch Jesaias, den Propheten, sagend: „Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, machet gerade seine Steige!“
Der Textstand 1927 zeigt folgende Besonderheiten: Die Partizipien werden wieder komplett aufgelöst. Die Rechtschreibung wird angepasst („Thut Buße“ wird zu „Tut Buße“). Der Satzbau orientiert sich in Vers 3 endlich stärker am deutschen Sprachgebrauch und weniger am Grundtext („Denn dieser ist der, von welchem durch den Propheten Jesaias geredet ist, welcher spricht“ statt „… durch Jesaias, den Propheten, sagend“)

Die Revision 1975/92 veränderte die drei zitierten Verse nur marginal: Aus „Steige“ werden „Pfade“. Der Prophet „Jesaias“ wird zu „Jesaia“. Der Imperativ „Tut Buße“ wird zum separaten Satz – was er übrigens bereits in der ersten Auflage 1855 war. Über diese Anpassung kann man geteilter Meinung sein – immerhin ist das nachfolgende „Denn“ als Beginn eines eigenständigen Satzes eher unschön.

Die Elberfelder Bibel im aktuellen Textstand (Elberfelder Bibel 2006) hat die Perikope trotz der erneuten Durchsicht überhaupt nicht verändert. Angesichts der Tatsache, dass die Überarbeitung dem Sprachwandel Rechnung tragen sollte, ist das eher enttäuschend: Es ist davon auszugehen, dass die Formulierung „Tut Buße“ (Vers 2) vielen Lesern nicht auf Anhieb verständlich sein wird. Das Wort „Pfad“ (Vers 3) gehört wohl auch kaum noch zum aktiven Wortschatz der meisten Deutschen. Der Präsens als Erzählzeit erscheint weiter ungewöhnlich, insbesondere, da er in längeren Abschnitte mit dem Imperfekt wechselt. Der Sprachgebrauch kennt heute sehr wohl ein „zubereiten“ und ein „vorbereiten“, aber ein allein stehendes „bereiten“ (Vers 3) klingt ebenfalls nicht besonders modern.
Fazit: Da ist noch mehr drin – in der nächsten Revision.

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