Freitag, 14. November 2008

Gebetspositionen

Auf dem blog eines Theologie-Studenten fand ich vor einigen Monaten folgendes Zitat von Ansgar Hörsting: „Die einzige Gebetshaltung, die in der Bibel nicht erwähnt wird, ist das Sitzen!“. Der Satz ist pointiert und treffend – aber nicht ganz richtig.
Aufgrund eines Leserbriefs, in dem ein Leser auf einen Artikel von mir reagierte , habe ich mich noch mal ein wenig „reingelesen“ in das Thema Gebetspositionen. Klare Erkenntnis: „Hände falten, Augen zu“ ist vielleicht bei uns die „klassische“ Gebetshaltung, aber in der Bibel zeigt sich eine weitaus größere Vielfalt: z.B. kniend, kniend mit auf den Boden gesenktem Kopf, sitzend (ja: es gibt mindestens zwei Stellen, die sitzende Beter beschreiben!), stehend, mit erhoben Händen, kniend mit erhobenen Händen oder liegend usw.(Belege hier).

Dahinter steckt die biblische Gewohnheit, Empfindungen und Anliegen bewusst auch körperlich auszudrücken: Anerkennung der Größe Gottes durch Niederknien vor ihm, Bewusstsein der Abhängigkeit von ihm durch das Entgegenstrecken der leeren Hände, Hochheben der Arme als Ausdruck dessen, dass wir uns nach Gott „ausstrecken“ usw. Beim Beten mit erhobenen Händen zu stehen ist also kein unreflektierter Import aus den USA oder die dubiose Übernahme charismatisch geprägter Gebräuche, sondern schlicht und einfach gute biblische Tradition – seit Jahrtausenden. Aber eben als eine von zahlreichen Optionen. Da sind wir braven freikirchlichen Deutschen vielleicht manchmal auch ein bisschen zu verkopft, um Emotionen sichtbar „ganzheitlich“ auszudrücken (und eben nicht nur versachlichend im Gebet zu formulieren…).

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