Montag, 5. Juli 2010

gewagter Segen

Gestern erstand ich im Neues-Leben-Buchladen in Wölmersen „62 Segens-Karten“ mit biblischen Segens-Versen - zum Verschenken, zum Ziehen-lassen, zum persönlichen Zusprechen, v.a. als Anregung für Segensworte zum Abschluss eines Gottesdienstes.
Gegen ellenlange „irische Segensworte“ hatte ich immer schon gewisse Vorbehalte … da weiß ich nach 4-5 „der Herr sei dein …“ schon gar nicht mehr den Anfang. Und vor allem: das sind menschliche Worte, keine göttlichen Zusagen. Bislang hatte ich daher immer große Sympathien für biblische „Original“-Segensworte. Der klassische aaronitische Segen z.B. oder Segensworte aus den Schlusspassagen neutestamentlicher Briefe. Da kann man eine gewisse Allgemeingültigkeit und somit eine Anwendbarkeit auf uns unterstellen.
Aber welche biblischen Segensworte können wir „seriöserweise“ nutzen? Welche göttlichen Zusagen gelten auch uns? Das Kawohl-Kästchen wird beworben mit steilen Aussagen („Ganz persönlich für uns und diesen Augenblick scheint mancher Vers auf uns zu warten. […] Dann ist es ein ganz besonderes Erlebnis, ein Kärtchen aus dieser hübschen Box ziehen zu dürfen, das uns mit seiner Zusage vielleicht noch lange begleitet.“).

Aber was ist mit Zusagen, die Gott historisch direkt an ganz bestimmte Menschen richtete? „Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht“ – klingt toll. Gilt das auch uns, nur weil Gott das so schön formuliert Josua zusagt (Jos 1,5)?
Am Gewagtesten fand ich folgende Segens-Karte: „Der Segen des HERRN sei mit euch! Wir segnen euch im Namen des HERRN.“ (Ps. 129,8). Klingt wunderschön , aber… – nun ja, wenn man den Psalm im Zusammenhang liest, ist der vermeintlich positive Segenszuspruch in einen negativen Kontext eingebaut: den „Hassern Zions“, also den Feinden des jüdischen Volkes, gilt eben nicht der genannte Segenszuspruch. Vielleicht kann die zweite Satzhälfte, also der Schlusssatz des Psalms, als kontrastierender Segen an das Volk Israel gedeutet werden (so macht es die Einheitsübersetzung: „Keiner, der vorübergeht, wird sagen: «Der Segen des Herrn sei mit euch.» - Wir aber segnen euch im Namen des Herrn.“) – aber alles in allem scheint mir dieses Kärtchen nicht allzu überzeugend ausgesucht zu sein. Mit dieser den Kontext ignorierenden Methode ließen sich aus dem Buch Hiob oder aus dem Prediger auch noch ganz andere Sätze als „Worte der Bibel“ herausfischen…

Keine Kommentare: